Medizin Die Zahl psychosomatischer Erkrankungen ist auch in der Region Main-Rhön angestiegen. Den Betroffenen soll nun möglichst zeitnah Beratung und Behandlung zuteil werden.
Bad Kissingen Seelische Erkrankungen haben in den vergangen Jahren zugenommen. Der DAK-Gesundheitsreport 2011 hat herausgefunden, dass in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld die psychischen Erkrankungen nach denen des Muskel-Skelett-Systems, den Verletzungen und den Erkrankungen des Atemsystems mittlerweile an 4. Stelle liegen.
Seelische Erkrankungen haben dem Report zufolge in den beiden Landkreisen von 2009 auf 2010 sogar um 45 Prozent zugenommen. Auch AOK und BEK bestätigen die Tendenz, dass seelische Erkrankungen seit Jahren schon in der Region „definitv“ zugenommen haben. Dies hänge auch damit zusamme, das Depression und Burnout keine Tabuthemen mehr seien und Warnzeichen früher erkannt würden.
„Die Wartezeiten für Erkrankte sind eher länger geworden. Sie können in unserer Region bis zu neun Monaten betragen“, so Günter Wimschneider, Facharzt für psychotherapeutische Medizin in Bad Kissingen. Wimschneider verweist darauf, dass einerseits die Zahl der Erkrankungen steigt, die der Therapeuten jedoch aus Kostengründen bei fünf „gedeckelt“ ist. Auch diese Ärzte hätten sich in den vergangen Jahren immer wieder Gedanken darüber gemacht, wie die Behandlung seelisch kranker Menschen verbessert werden könne. „Wir haben überlegt, wie wir die vorhanden Ressourchen effektiver nutzen können. Wir begannen, uns besser zu vernetzen“, sagt Wimschneider. „Der Leidensdruck der Patienten wächst derart stark an, dass wir uns zum Handeln gezwungen sehen.“
Ein neues Versorgungsnetz
Am heutigen Montag, dem „Internationalen Tag der Seelischen Gesundheit“, stellt sich nun der Arbeitskreis „Psychosomatisches Versorgungsnetz Main-Rhön“ im Heiligenfeld Saal der Bad Kissinger Parkklinik Heiligenfeld erstmals der Öffentlichkeit vor. In diesem Netz arbeiten Ärzte, Psychologen und Fachtherapeuten zusammen. Kern des Arbeitskreiskonzepts ist die enge Vernetzung der therapeutischen Angebote und die Einrichtung einer „offenen Sprechstunde“, die reihum von einem Mitglied des Arbeitskreises angeboten wird. Die Anmeldung kann auch über eine zentrale Telefonnummer erfolgen, die nach Vorstellung des Konzeptes veröffentlicht wird. Der Arbeitskreis strebt eine engere Vernetzung und Kommunikation mit den Hausärzten an. „Manchem Menschen ist in einer Krise schon dadurch geholfen, dass er Methoden kennenlernt, sich zu entspannen“, sagt Wimschneider und verweist auf Formen der Körper-, Ergo- und Kunsttherapien. Derartige „Überbrückungsgruppen“ könnten viel Druck aus Patientenandrang herausnehmen.
Wimschneider – „Für unser Projekt gibt es kein Vorbild“ sagt aber auch: „Es wird allerhöchste Zeit, vorzubeugen. Leistungdruck, permanente Kontrollen und die Ängste vor Arbeitplatzverlust zerstören soziale Bindungen. Viele Menschen sind ständig auf der Flucht. Die Gesellschaft muss die Frage beantworten, ob die Wirtschaft für den Menschen da ist oder umgekehrt.“
(Autor: Wolfgang Kretschmer)