Gebisslos Reiten – Pferdegerecht umdenken
Grundsätzlich ist wenig Platz im Pferdemaul für ein Gebiss, da das Pferd nur eine relativ kleine Mundhöhle hat.Das Wissen um die wahre Natur der Pferde ist die erste Grundlage der Reitkunst und jeder Reiter muss daraus sein Hauptfach machen. (Francois Robichon de la Guérinièe 1688 – 1751)
Die meisten Gebissstücke drücken auf die Zunge bzw. Gaumen und sind oftmals zu dick. Schmale Gebissstücke hingegegen wirken schnell schmerzhaft und „scharf“ auf die empfindliche Pferdezunge.
Natürlich ist es auch möglich, mit einem Gebiss sanft, präzise und schonend zu reiten – dies entspricht jedoch oftmals nicht der Realität. Den Pferden wird ein so genannter Sperrriemen um das Maul geschnürt, wodurch Sie sich gegen eine grob einwirkende Reiterhand nicht wehren können.
Reaktion der Pferde auf Schmerzen
Pferde reagieren aus ihren Emotionen heraus, haben aber keinen Schmerzlaut und leiden leider stumm! Oftmals wird die Reaktion der Pferde auf Schmerzen als schlechtes Benehmen interpretiert. Tiere können jedoch nicht zwischen „Gut und Böse“ differenzieren, weshalb es Pferden – oder Tieren im Allgemeinen – überhaupt nicht möglich ist, sich absichtlich schlecht zu benehmen!
Mut zur Veränderung
Mittlerweile ist es so, dass sich immer mehr Reiter entschließen, auf das Gebiss zu verzichten. Dazu gehört jedoch Mut, da ein Reiter, der neue Wege sucht und erkennt, setzt sich sehr häufig Kritik aus. Dazu möchten wir folgendes Zitat von Ihno Schneevoigt nennen:
Alle Veränderung erzeugt Angst.
Und die bekämpft man am besten,
indem man das Wissen verbessert.
Ja, Veränderung erzeugt Angst. Deshalb ist es so wichtig, die Reiter über das gebisslose Reiten aufzuklären sowie Mut zur Veränderung zu haben, die früher oder später mit einer Vertrauensbildung zum Pferd belohnt wird.
Vertrauen = Sicherheit
Reiter haben häufig Angst gebisslos zu reiten. Und leider kursiert die Meinung, dass man ein Pferd nur mit Gebiss stoppen kann. Das ist schlichtweg falsch: Ein Pferd das durchgeht, stoppt man nicht, indem man mit Gewalt einwirkt! Ein durchgehendes Pferd hat ANGST, ist ein Fluchttier und rennt deswegen los. Daher weg mit jeglichem Druck, der nur wieder Gegendruck erzeugt.
Solche Gefahrensitutationen kann man weitgehend entgegenwirken, indem man vorher durch Bodenarbeit das Vertrauen gewinnt und das Pferd kommandosicher macht.
Ist Anlehnung ohne Gebiss möglich?
Um diese Frage vorweg gleich zu beantworten: Ja, Anlehnung ohne Gebiss ist möglich! Dazu möchten wir gleich mal ein Video aus der Dressur zeigen, auf dem die Dressurreiterin Uta Gräf auf dem Holsteiner Hengst „Le Noir“ (Leandro x Caletto I) gezeigt wird. Sie ist Berufsreiterin bis zur höchsten Dressurklasse. Sogar Grand-Prix-Lektionen zeigt das Paar mit der gebisslosen Zäumung.
Leider wird der so eigentlich korrekt definierte Begriff „Anlehnung“ zu oft falsch verstanden als ständiger (steter) Kontakt mit dem Pferdemaul – umgesetzt als ständiger Druck.
Anlehnung sollte ursprünglich aber vielmehr bedeuten: Stets möglicher! und nur gedachter, weil feinster! Kontakt.
Welche gebisslosen Zäumungen gibt es?
- Sidepull
- Hackamore
- Bosal
- Knotenhalfter
- 2-in-1 Zäumungen
- Mecato
- Bitless Bridle
Es gibt verschiedene gebisslose Zäumungen mit unterschiedlichen Wirkungsweisen. Die meisten der Zäumungen funktionieren „über die Nase“. Mache gebisslose Zäumungen signalisieren dem Pferd, dass es eichen soll.
Eine klassische Hackamore mit Anzügen wirkt zusätzlich mit Hebelwirkung. Ein Hebel verstärkt, weshalbe das nur von Reitern genutzt werden sollte, die sanft und kontrolliert einwirken können.
Buchempfehlungen – gebisslos reiten
An dieser Stelle möchten wir auch gerne ein paar Buchempfehlungen zum Thema „gebissloses reiten“ geben:
Quelle: FOCUS Pferd – Pferdegerecht Umdenken „Gebisslos Reiten Nr.3, Sabine Ullmann Pferdephysiotherapeutin“